In der Schweiz wo bereits Männer und Frauen das demokratisch vollwertige .Stimmrecht haben, wird öffentlich über ein Stimmrecht ab Geburt diskutiert. [
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Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern wie z.B. Deutschland wo diese Diskussion eher scheinheilig ist weil dort weder Männer noch Frauen Stimmrecht sondern nur Wahlrecht haben, ist die Diskussion in der Schweiz zur Weiterentwicklung der Demokratie legitim.
Allerdings werden in dem o.g. NZZ-Artikel von
Beat Kappeler grundlegende demokratische Prinzipien ausser Acht gelassen.
Stimrecht ab Geburt, ja ...
Ein Stimmrecht ab Geburt ist per se als demokratisch anzusehen. Wenn alle Menschen politisch gleichwertig sind, warum sollten Kinder aufgrund ihres Alters diskriminiert werden?
... Eltern-Proxyvote, nein!
Es wird allerdings undemokratisch, wenn dieses Stimmrecht per Proxyvote den Eltern zugeschlagen wird. Grundrechte wie das Stimmrecht sind unveräusserlich. Wenn das für Erwachsene gilt muss das auch für Kinder gelten. Diese sind schon ab Geburt rechtsfähig, wenn auch eingeschränkt bzw. werden die Interessen des Kindes durch einen Anwalt vertreten, das Recht wird aber nicht auf diesen übertragen. Letzteres wäre der Fall wenn die Eltern an Stelle des Kindes einfach eine Stimme mehr hätten. Sie können nicht im Interesse z.B. eines Säuglings ein politische Entscheidung treffen, weil eben jener Säugling noch keine politische Meinung hat, also gar nicht feststellbar ist wie dieser z.B. zu einem beliebigen Steuergesetz steht oder stehen würde. Es gilt dann eben nicht mehr one-man-one-vote, denn die Unveräusserlichkeit des Stimmrechtes ist aufgehoben.
Eltern sind keine Kinder und auch nicht ihre Kinder und sind durch ihre eigenen politischen Interessen befangen. Man stelle sich auch den 16-/17-jährigen Fast-Erwachsenen vor der schon eine ganz klare, aber andere politische Meinung hat als die seiner Eltern. Diese politische Milchmädchenrechnung geht also demokratisch nicht auf.
Die einfache und demokratische Lösung
Die Lösung dieses "Problems" ist so einfach wie demokratisch. Stimmrecht ab Geburt und es ruht so lange bis das Kind aus eigener freier Entscheidung heraus, dieses selbständig wahrnehmen will und kann. Das könnte man durch einen einfachen staatsbürgerlichen Test überprüfen (den allerdings wohl selbst Erwachsene nicht bestehen könnten) oder auch dadurch, dass Kinder ihr Stimmrecht direkt und unmittelbar wahrnehmen müssen, also nicht per Brief oder E-Voting abstimmen können, sondern direkt an der Urne abstimmen müssen. Damit sind alle Probleme gelöst: Kinder die nicht abstimmen oder abstimmen können (was auch bei älteren Menschen oder Behinderten der Fall ist, um deren Stimmrecht sich aber anscheinend niemand sorgt) zählen als Stimmenthaltung, das Kind kann selbst entscheiden ab wann es sich politisch mündig fühlt zur Abstimmung zu gehen und unterliegt weder Einschränkungen in der Wahrnehmung seiner demokratischen Rechte durch den Staat noch durch seine Eltern. Auch die Einflußnahme auf die Kinder durch die Öffentlichkeit oder die Eltern sollte man nicht überbewerten. Beeinflußbar sind auch Erwachsene und trotzdem zweifelt niemand an deren automatischen Stimmrecht ab 18 oder 20. Dass Kinder deren Stimmrecht ruht als Stimmenthaltungen zählen ist in der Schweiz wo es keine undemokratischen
Abstimmungsklauseln gibt auch kein Problem.
Ein solches Stimmrecht setzt auch ein klares Zeichen an die Eltern als Erziehungsberechtigte ihre Kinder so früh wie möglich zu demokratischen Staatbürger zu erziehen und sie nicht bis zur Völljährigkeit unter einer politischen Käseglocke zu belassen. Demokratie lebt und lernt man nur vom mitmachen und gerade Kinder wollen lernen und mitmachen und je ernster man sie dabei nimmt umso verantwortungsvoller gehen sie mit ihren demokratischen Rechten um und umso ernsthafter werden deren Interessen gerade in der direkten Demokratie wo es um die Sache geht, wahrgenommen. Interessenswahrnehmung ist eben nicht eine Frage der Quantität durch Eltern-Proxyvote sondern der demokratischen Qualität durch ein freies, demokratisches, diskriminierungsfreies Stimmrecht für alle politischen Personen.