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Sie werden entgegnen, daß es Menschen gibt,
die ihre eigenen Interessen nicht verstehen!
Aber nichts wird einem Manne im Laufe der Zeit
mehr dazu verhelfen, seine eigenen Interessen zu verstehen,
als die selbständige Verwaltung
seiner eigenen Geschäfte auf eigene Verantwortung.

Carl Schurz
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Artikel : echte (direkte) Demokratie Portal
Hintergründe, Wissenschaft
24.10.2011 21:42

Der Wahl-O-Mat

Friedrich, Jörg. "Der Wahl-O-Mat". Telepolis. [external link www.heise.de]. (23.10.2011). Abgerufen am 2011-10-24

Zitat:
Es gehört zu den Mythen, auf die selbst jüngere Menschen oft hereinfallen können, dass das politische System früher irgendwie authentischer, dass die Politiker früher ehrlicher, charismatischer, professioneller, intelligenter waren. Erst in den letzten paar Jahren, so glaubt man manchmal, ist die politische Klasse verkommen, irgendwie degeneriert, schwächer, korrupter und unehrlich geworden. Die parlamentarische Demokratie, so glaubt man auf der Grundlage dieses Mythos, ist an sich eine gute Sache, nur das Personal, das wir heute haben taugt nichts.
Aber ein Blick in vergangene Jahrzehnte entlarvt diesen Mythos sehr schnell als das, was er in Wahrheit ist: ein Märchen, das das System selbst immer wieder stabilisieren soll, [...]

Deshalb möchte ich zu Beginn meines Vortrages, quasi als realistische Optimismusbremse, mit dem Mythos vom guten System und vom schlechten Personal aufräumen. [...]

Das ist die Entwicklung, an der die Französische Revolution 1852 schließlich gescheitert ist, die eigentliche politische Herrschaft hatte schon mit dem Beginn der Parteiendemokratie der Apparat der politischen Bürokratie übernommen. Wenn wir überlegen, warum das Volk, wie Hannah Arendt sagt, von Beginn an der Parteiendemokratie misstraut, dann liegt der Gedanke nicht weit, dass dieses Volk die ganze Zeit das dumpfe Gefühl nicht los wurde, Zuschauer eines billigen Theaters zu sein, hinter dem der eigentliche Akteur sich gut versteckt. Aber wohl nicht gut genug, denn wenigstens ebenso groß wie das Misstrauen gegenüber den Parteien ist das Misstrauen gegen den Staat, das Beamtenheer und die Bürokratie.

Eine wirkliche Analyse des politischen Systems, das wir parlamentarische Demokratie oder Parteiendemokratie nennen, steht noch aus. Es ist aber wahrscheinlich wirklich nicht viel mehr als ein politisches Theater auf einer dürftigen Bühne, welche den Blick auf den tatsächlich herrschenden Apparat der politischen Bürokratie verstellt, in dessen Netzen und Stricken sich bisher noch jeder hoffnungsvolle Politiker verfangen hat, gelähmt von Entscheidungsvorlagen und Verordnungsentwürfen die ihm die Staatssekretäre, Ministerialdirigenten und Sachbearbeiter meterweise auf den Schreibtisch werfen, mit Sachzwängen begründet und mit Verfahrenslogik vorgeblich legitimiert.
[...]
Diese politische Bühne hat nun eine neue Partei betreten, mit neuen Themen und neuer Attitüde, so, wie vor ein paar Jahrzehnten schon einmal eine neue Partei die Bühne betrat, und sie ist wie diese drauf und dran, sich von den gewaltigen Apparaten der bürokratischen Maschinerie deformieren, stromlinienförmig machen zu lassen.
[...]
Das entscheidende Problem aber ist, dass das Wahl-O-Mat-Prinzip ganz und gar dem alten Denken verhaftet bleibt, von dem die politische Bürokratie lebt. Das logisch geordnete klar strukturierte Verfahren der Entscheidungsfindung des Wahl-O-Maten entspricht exakt dem bürokratischen Verfahren des Beamtenapparates, des Leviathan. Man kann sogar sagen, dass der Beamtenapparat seine Legitimität eben aus solchen Verfahren zu ziehen versucht.
[...]
Wenn wir anerkennen, dass unsere Entscheidungen einschließlich unserer politischen Wahlentscheidungen sich auf Faktenanalyse und logische Schlussfolgerungsverfahren reduzieren lassen, dann haben wir den Pakt mit der Bürokratie schon geschlossen, dann haben wir uns schon auf ihr Spiel eingelassen. Es ist dabei gar nicht wichtig, ob man auch den Wahl-O-Maten durch geschickte Informationsaufbereitung der Internet-Präsenzen der Parteien, durch Tagging und Crowdsourcing auch überlisten kann, es kommt letztlich darauf an, dass das Wahl-O-mat-Prinzip das alte System nicht erschüttert, sondern stärkt. Nach dem Wahl-O-mat-Prinzip wird uns der Staat Apps und Services anbieten, in denen Fakten aufbereitet und aggregiert werden zu jedem politischen Thema, zum Risiko des Trinkens und Rauchens in der Öffentlichkeit, zur Pornographie im Netz, zur Gefahr von Extremsportarten, zur Helmpflicht von Fußgängern. Wir werden staunen wie oft wir im Ergebnis solcher Analysen dazu neigen, ein Verbot, eine neue Pflicht, eine weitere Einschränkung unserer Wünsche und Begierden zu akzeptieren.

geschrieben von: cassiel (IP-Adresse bekannt)
Datum: 24.10.2011 21:42


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