Zitat:Volksbegehren haben in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung verloren. Da klar wurde, dass man selbst mit einem starken Volksbegehren wenig bewegen kann, nimmt die Unterstützung für die einzelnen Initiativen deutlich ab.
Eine Stärkung der direkten Demokratie steht zumindest offiziell auf der Agenda aller Parteien. Ob man den damit einhergehenden Machtverlust wirklich auf sich nehmen will, ist eine andere Frage. Die Verschiebung des Demokratiepakets auf die Zeit nach der Wahl lässt zumindest Zweifel offen. Eigentlich haben sich SPÖ, ÖVP und Grüne ja schon darauf geeinigt, dass Volksbegehren verpflichtend zu einer Volksbefragung führen, wenn sie von zehn Prozent (einfache Gesetze) bzw. fünfzehn Prozent (Verfassungsgesetze) der Wähler unterstützt werden (siehe Bericht unten).
Die Diskussion darüber wird wohl nach der Wahl zu führen sein. Das gewichtigste Argument gegen diesen Ausbau der direkten Demokratie lautet: Dies wäre ein Instrument in der Hand von populistischen Parteien oder von Zeitungsherausgebern, die mit einer Kampagne Beschlüsse durchsetzen könnten, die man so eigentlich nicht will – von der Steuergesetzgebung über die Ausländerpolitik bis hin zur Todesstrafe.
Die Gefahr entsprechender Kampagnen besteht – allerdings sollten die Politiker ihre Wähler auch nicht für dumm halten. In der Schweiz führt direkte Demokratie nicht direkt in ein Chaos. Die Möglichkeit, sich für vernünftige Positionen einzusetzen und damit bei den Wählern durchzukommen, besteht ja immer noch.
Gerade der Vorschlag, den die Koalition und die Grünen in Begutachtung geschickt haben, ermöglicht es ja, unerwünschte Effekte auszuschalten: Da keine verpflichtende [sic! verbindliche] Volksabstimmung, sondern nur eine [unverindliche] Befragung vorgesehen ist, kann sich eine Parlamentsmehrheit theoretisch auch über das Ergebnis hinwegsetzen – vorausgesetzt, sie hat gute Argumente. Statt der Gefahren von mehr direkter Demokratie sollte man eher die Chancen sehen: eine stärkere Einbindung der Bürger in die Politik – was wohl das beste Mittel gegen das steigende Desinteresse ist.