Willkommen in der IDD (Institutionelle Diktatur Deutschland):
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Zitat:
Die Planung von Großprojekten hat weniger mit dem Abwägen von Argumenten zu tun, umso mehr aber mit der Durchsetzung von Macht; Bürger werden von Politik und Verwaltung vor allem als potentielle Störer eingestuft.
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(Franz Günter Siebeck, Fachanwalt für Verwaltungsrecht)
Kaum ein anderer kennt die Genehmigungsverfahren so gut wie Siebeck. Und er kennt auch die Pausengespräche auf den Fluren der Gerichte: Etwa wenn Richter scherzen, es müsse nur ein bisschen mehr "Planungslyrik" her, dann werde die Sache schon zugunsten der Projektträger ausgehen.
Es geht immer zugunsten der Projektträger aus.
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Juristisch sind Großprojekte in Deutschland so gut wie nicht zu stoppen, selbst wenn gewichtige Argumente gegen sie sprechen. "Hier können Sie praktisch nur verlieren."
Kürzlich hat sich Siebeck über Andreas Voßkuhle, den Präsidenten des Verfassungsgerichts, geärgert. Der hatte mit Blick auf die Proteste gegen Stuttgart 21 gesagt: Die Verfahren zur Planfeststellung von Großprojekten seien mittlerweile so komplex, dass sie den Bürgern nicht mehr zu vermitteln seien. Siebeck ist hier völlig anderer Meinung: Die Vermittlungsprobleme entstünden nur deshalb, weil Bürger nicht die geringste Chance hätten, Gehör zu finden und eine bessere Lösung durchzusetzen - weder vor Gericht noch bei den Behörden.
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Die späteren Verfahren zur Planfeststellung dienten nur noch dazu, die Entscheidung der Herrenrunde zu bestätigten. Die Bürger seien in diesem Prozess absolut machtlos gewesen, sagt Siebeck, ihre Stimme "ohne jegliche Relevanz".
All das erinnert stark an die Präsentation der Pläne für Stuttgart 21: Hier war es der 18. April 1994, als Vertreter der Bahn und Politik die Öffentlichkeit mit dem Konzept für den Tunnelbahnhof geradezu überrumpelten. Im folgenden Planfeststellungsverfahren wurde weder über den Sinn des Projekts noch über Alternativen diskutiert.
Siebeck sagt, das "Elend der Planfeststellung" in Deutschland bestehe darin, dass Spitzenpolitiker regelmäßig Vorabentscheidungen träfen. Dem Genehmigungsverfahren komme daher nur noch eine "Rechtfertigungsfunktion" zu. Das spüren auch die Bürger: Vor allem dann, wenn sie sich bei öffentlichen Anhörungen in Turnhallen einer Phalanx aus Aktenordnern, Juristen und Behördenvertretern gegenüber sehen. Bauern, die um ihren Grund fürchten, argumentieren aus der Wut und Angst heraus, sie haben auch nicht Rechtswissenschaften studiert - wer hier gewinnt, das ist von Anfang an klar.
Verfahren zur Planfeststellung von Großprojekten seien eine Farce, das gestehen selbst Beamte ein, die daran regelmäßig mitarbeiten. Nur offen aussprechen dürfen sie es nicht. [...]
(Eckart Hien, früherer Präsident des Bundesverwaltungsgerichts)
Das deutsche Planungsrecht sei "überraschend verwaltungsfreundlich".
Bei der Bürgernähe rangiere es jedoch nur auf einem der unteren Plätze. In keinem anderen EU-Staat müssten die Betroffenen ihre Einwände so früh und umfassend darlegen. Und weiter: "Letztlich gibt es fast keine Fehler, die so durchschlagend sind, dass sie nicht über Auflagen oder ein ergänzendes Verfahren korrigiert werden können." Ein geplantes Projekt werde in Deutschland daher in der Regel auch gebaut, lautet Hiens Schluss - zur Not eben mit "einem Otterdurchlass mehr".
(Hans Lietzmann, Leiter der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung an der Uni Wuppertal)
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Das "obrigkeitsstaatliche Planungsverfahren" in Deutschland müsse jedenfalls dringend demokratisiert werden.