#47 - #50 u.a. "Diejenigen, die Volksentscheide organisieren, haben weniger demokratische Legitimation als gewählte Politiker"
Die 100 größten Irrtümer über die (direkte) Demokratie
Ein gewisser Herr Müntefering zieht in
Gewinnen am Ende nur die Reichen? vom anti-demokratischen Leder:
#47 "Volksabstimmungen sind auf Dauer keine Lösung. Denn diejenigen, die Volksentscheide organisieren, haben weniger demokratische Legitimation als gewählte Politiker"
Es ist zwar richtig, dass Vertreter einer
Volksinitiative nicht gewählt sind, aber sie treffen ja auch nicht die Entscheidung, sondern das Volk und das ist der Souverän in einer Demokratie. Das hat Herr M, wohl vergessen. Außerdem qualifiziert sich eine .Volksinitative durch das Sammeln von Unterstützerunterschriften beim
Volksbegehren für den
Volksentscheid. Das sind hunderttausende von Unterschriften, die mühsam gesammelt werden müssen und das ist nur die Eintrittskarte, das Recht auf einen vom Staat durchgeführten Volksentscheid, keine Garantie, dass sie auch gewinnen. Nur den schlechten Verlierern unter den Politikern und anderen kommt es so vor, als hätten sich hier ein paar Leute über das Parlament gestellt, wenn sie beim Volksentscheid versagen und keine
Mehrheit in der Bevölkerung für ihre Position überzeugen können. Aus Herrn M. spricht die Angst das Volk von der eigenen Politik überzeugen zu müssen.
#48 "Die Vorstellung, dass wir uns alle vor dem Brandenburger Tor versammeln und dann abstimmen, mit dem Verweis auf die Schweiz, das ist ja alles ganz nett, aber es kann nicht die Regel sein."
Herrn M.s Vorstellung der direkten Demokratie wie die Landsgemeinde, wo die Männer noch mit Säbel auf dem Marktplatz abstimmen, wie es in Teilen der Schweiz üblich war, spricht für seine antiquierte Vorstellung direkter Demokratie. Wer glaubt, dass das in der Schweiz und in der Demokratie die Regel sei, der hat von der Realität keine Ahnung.
Ebensowenig ist es Realität, dass über alles von den Bürgern abgestimmt wird (siehe #1)
#49 "Wer kann denn am Ende etwas machen? Derjenige, der dafür das nötige Geld hat und die beste Propagandamaschine."
Auch hier zeigt sich die Unkenntnis der direktdemokratischen Realität von Herrn M.
Schon der Propagandaapparat Hugenbergs in der Weimarer Republik war kein Garant für den Erfolg bei
Volksentscheiden. Und auch beim Volksentscheid in Bayern zum Nichtraucherschutz hatte die Seite der Nichtraucherschutz-Gegner wesentlich mehr finanzielle Mittel als die Initiatoren des
Volksbegehrens. Trotzdem hat das Volksbegehren gewonnen.
Einen Automatismus gibt es hierbei allerdings nicht. Weder in der einen noch in der anderen Richtung. In Kalifornien ist es in der Tat so, dass finanzstarke Initiativen im Vorteil sind, da die Unterschriftensammlung und der Abstimmungskampf stark kommerzialisiert ist. Chancenlos ist aber auch dort keine Initiative und besser eine kleine Chance als gar keine.
Es kommt hierbei wesentlich auf eine faire Ausgestaltung des Verfahrens an, damit auf beiden Seiten einigermaßen Chancengleichheit besteht. Hier kann z.B. eine staatliche Grundfinanzierung der Initiative und eine staatliche Grundinformation der Bürger in der beide Seiten paritätisch zu Wort kommen helfen. Ebenso eine Offenlegungspflicht von Spenden und Zuwendungen.
#50 "Mehr Volksentscheide werden nicht automatisch den Schwächsten helfen"
Stellt sich zum einen die Frage nach dem logischen Umkehrschluß: ist ohne Volksentscheide automatisch den Schwächsten geholfen? Tut das die Parteipolitik?
Bei Hunderten von Milliarden Euro staatlicher "Rettungsschirm" für boni-geile Bankster und profitsüchtige Anleger, Hartz IV und Klientelpolitik wie Steuerprivilegien für Hoteliers darf das bezweifelt werden.
Gerade Volksentscheide sind hier ein Korrektiv, das die schlimmsten Auswüchse von Korruption und Vetternwirtschaft in der Parteipolitk verhindern kann.
Herr M. übt sich hier in Rabulistik indem er der direkten Demokratie genau die Untaten unterstellt, die er und seine classe politique begehen.
Zum anderen ist die direkte Demokratie gerade ein Instrument der Schwachen, nämlich derjenigen die keine finanzstarke Lobby in den Parlamenten und in Brüssel haben. Im Idealfall eines fairen und bürgerfreundlichen Verfahrens braucht man nicht viel Geld, sondern nur gute Argumente und soziale Gerechtigkeit ist eines.
Und wenn die Parteipolitik wirklich den Schwächsten helfen will, dann sollte sie auch gute Argumente dafür haben und eine Mehrheit im Volk davon überzeugen.