Die 100 größten Irrtümer über die (direkte) Demokratie
#30 Das Minarettverbots und die Ausschaffungsinitiative in der Schweiz zeigen doch wie anfällig die direkte Demokratie für Rechtspopulisten ist.
Zum einen handelt es sich gerade mal um ein Handvoll umstrittene Volksinitiativen der SVP. Die SVP hat auch schon Volksentscheide verloren und die Mehrzahl der Entscheide sind vollkommen unspektakulär und werden nicht in Frage gestellt. Da beweist es gibt keinen Automatismus der direkten Demokratie der eine Seite begünstigt, noch kann über alle Entscheide betrachtet ein signifikanter Einfluß extremer Gruppierungen festgestellt werden.
Und man muss auch genauer hinsehen warum das Volk so und nicht anders entschieden hat.
Gerade aber beim Minarettverbot hat sich gezeigt: wenn die andere Seite sich siegesgewiss in Sicherheit wiegt und es verschläft um demokratische Mehrheiten zu werben, dann ist das Geschrei groß wenn das Volk nicht wie erwartet entscheidet. Das ist aber nicht das Problem der direkten Demokratie, sondern derjenigen die das Volk unterschätzen und entweder es nicht für nötig halten um Mehrheiten zu werben oder die in ihrer Elfenbeinturmmentalität den Kontakt zur Volksbasis verloren haben und mit ihrer abgehobenen volksfernen Ansichten keine Mehrheiten mehr überzeugen können. In einer Demokratie setzt das Volk die Maßstäbe und dem muß man sich anpassen, will man politisch erfolgreich sein.
Zum anderen ist die Entscheidung bei genauerer Betrachtung der Argumente immer weit weniger populistisch als es der erste Eindruck oder die veröffentlichte Meinung glauben machen mag. Bei der Minarettinitiative ging die Zustimmung durch die breite Bevölkerung.
Und letztendlich ist es immer das gleiche Volk, das einmal so und einmal so entscheidet. Als Demokrat kann man sich nicht die Rosinen herauspicken wie "Bei Wahlen ist es das gute Volk, bei Volksentscheiden das böse", sondern muss die Volkssouveränität immer achten, auch bei umstrittenen Entscheiden, auch und gerade wenn man deren Ergebnis für nicht gut findet. Und dann muss man eben versuchen eine demokratische Mehrheit zu überzeugen, die diesen Volksentscheid revidiert. Sonst ist man nur ein schlechter Verlierer.
Es ist jedenfalls extrem undemokratisch und zeugt von einer tiefen Missachtung der Volkssouveränität
Abstimmungsverbote zu fordern um vorgeblich ominöse Menschenrechtsverletzungen durch Volksinitiativen zu verhindern. Dadurch wird nämlich nicht nur der Volkswille missachtet, sondern es findet auch nicht die Katharsis durch die demokratische Willensbildung im Volk statt. Wenn das Volk nicht entscheiden darf, schwelt der Konflikt im Volk über Gesetze die keine Mehrheit im Volk haben weiter.
Und es wird auch vergessen, dass die (direkte) Demokratie die Chance bietet die Verschärfung von Ausländergesetzen durch die Regierung und Parlament zu verhindern, in jedem Fall zu kontrollieren. Wäre es dem Volk verboten darüber abzustimmen, gäbe es gar keine demokratische Kontrolle der parlamentarischen Entscheide. Wenn z.B. von Linken und Grünen das
Referendum gegen eine Verschärfung des Asylrechts ergriffen wird, dann regt sich darüber niemand auf. Das zeugt von einer Doppelmoral in den Kreisen, denen die (direkte) Demokratie nur dann Recht und billig ist, wenn sie der Durchsetzung der eigenen Vorstellungen dient.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.06.13 09:28.